Bei der Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung sind vielen Kunden Effizienz, gute Handhabung und hohe Leistung nicht genug. Sie erwarten mehr: Der Gebrauch soll vom ersten Moment an ein positives Erlebnis sein. Wie lässt sich die User Experience von Produkten verbessern? Wie können sich Produkte von anderen abheben? Wie lässt sich ein Produkt erfolgreicher verkaufen?

Positive Produkterfahrung gestalten

Eine positive Produkterfahrung oder Nutzungserfahrung ist unerlässlich, damit ein Produkt erfolgreich wird. Was ist damit eigentlich gemeint? Im Unterschied zur Usability eines Produkts geht die Produkterfahrung oder Product Experience über die reine Gebrauchstauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit hinaus. Hier geht es um das Gesamterlebnis, also auch um die Wahrnehmung, die Ästhetik und die Emotionen, die das Produkt beim Kunden auslöst – und zwar vor, während und nach der Nutzung.

Den Kunden in den Mittelpunkt stellen

Eine Produkterfahrung ist die Gesamtheit der Effekte, die durch die Interaktion zwischen einem Käufer und Konsumenten und einem Produkt hervorgerufen wird:

  • der Grad, in dem alle unsere Sinne befriedigt werden (ästhetische Erfahrung)
  • die Bedeutung, die wir dem Produkt beimessen (Erfahrung der Bedeutung)
  • die Gefühle und Emotionen, die hervorgerufen werden (emotionale Erfahrung)

Bei der Gestaltung einer Produkterfahrung ist es wichtig, den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Es reicht dafür nicht aus, den Kunden nur zuzuhören, sondern es sollte durch Analysen des Nutzungskontexts herausgearbeitet werden, was sie wirklich brauchen.

NFC verbessert die Produkterfahrung

Mit Hilfe von Near Field Communication, zu Deutsch Nahfeldkommunikation, abgekürzt NFC lässt sich die Produkt- und Nutzungserfahrung verbessern und innovativer gestalten. NFC ist ein auf der RFID-Technik basierender internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Distanzen von wenigen Zentimetern und einer Datenübertragungsrate von maximal 424 kbit/s. Benötigt werden sogenannte NFC-Chips (auch NFC-Tags oder -Transponder genannt), die auf dem Produkt angebracht oder in das Produkt eingebracht werden und ein Endgerät, das mit einer NFC-Lesefunktionalität ausgestattet ist (Mobiltelefone, Tablets, Wearables oder Laptops). Als NFC-Lesegerät funktioniert heute standardmäßig jedes Mobil- oder Smartphone.

Einige weitere technische Hintergründe und Erläuterungen zu diesem Thema beinhaltet der Beitrag “Kleiner NFC-Leitfaden“. Mehr Details und weitere Anwendungsbeispiele finden sich auch in dem Buch “Digital Connection. Die bessere Customer Journey mit smarten Technologien – Strategie und Praxisbeispiele” von Tanja Kruse Brandão und Gerd Wolfram, erschienen 2018 im Springer Verlag.

Produkte “tappen” und Interaktion mit dem Produkt

Aus Anwendersicht funktioniert NFC sehr einfach. Zur Interaktion bringt der Nutzer sein Endgerät beispielsweise sein Mobiltelefon in die unmittelbare Nähe des NFC-Chips und berührt ihn fast. Diesen Vorgang nennt man „Tappen“ oder „Tap“. Nach dem Tappen erhält der Benutzer sofort den entsprechenden Inhalt auf seinem Mobiltelefon, zum Beispiel eine URL mit interessanten, kontextbezogenen Inhalten, angezeigt.

Im Folgenden sind einige “Use Cases” aufgeführt, die beispielhaft zeigen, wie NFC ein Produkterfahrung verbessern und nachhaltig interessanter und erlebnisreicher gestalten kann:

Abrufen von Produktinformationen und Storytelling

Mit Hilfe von NFC können Produkte zu befähigt werden, Informationen, wie Produktbezeichnung, -beschreibung, Farbe, Größe, Inhaltsstoffe, etc,, über sich zu preiszugeben oder Geschichten (Storytelling) über sich zu erzählen. Die Kunden können aufgeklärt werden, was das Produkt auszeichnet, warum sie es kaufen sollten, wo und wie das Produkt hergestellt wurde, welche Materialien verwendet wurden und welchen Wert das Produkt für den Kunden hat. Der Kunde erhält ein neues Produkt- und Markenerlebnis.

Abruf von Produktinformationen über NFC (Foto: Bluebite)

Ansehen von Tutorials und Verwendungshinweisen

Mit Hilfe von NFC können Tutorials oder Verwendungshinweise und weitere Informationen bereitgestellt werden, um dem Kunden zu erklären, wie das Produkt funktioniert und wie man es am besten einsetzt und nutzt. So kann beispielsweise ein NFC-fähiges Make-up der Käuferin nicht nur beibringen, wie man das Produkt am besten anwendet, sondern auch, wie man das Produkt für ereignisbezogene Anlässe wie Büro, Konzertbesuch oder Essen im Restaurant verwendet.

Produkt-Tutorials über NFC ansehen (Foto: Bluebite)

Auslösen von Nachbestellungen

Ein weitere Möglichkeit im Zusammenhang mit der Einbettung von NFC in Produkte ist die Gestaltung eines weiteren Vertriebskanals, der zusätzlichen Umsatz generiert. Bei Produkten, die nachbestellt werden können, müssen Kunden nur auf den Artikel “tappen”, um eine neue Sendung nachzubestellen, ähnlich wie bei einem Amazon Dash Button. Für Artikel, die nicht unbedingt wieder verwendbar sind, wie z.B. ein Hemd oder eine Hose, können dann ergänzende Produkte bestellt werden.

Komfortable Wiederbestellung von Produkten über NFC (Foto: Bluebite)

Ein interessantes Beispiel ist das Smart Touch Menü mit dem Restaurantkunden direkt vom Tisch aus ihre Speisen bestellen können. Auf jedem Tisch befindet sich ein Tag mit einem NFC- oder QR-Code, der den Benutzer mit seinem Handy mit dem Restaurant verbindet.

Prüfung der Echtheit des Produktes

Für Luxusartikel und andere hochwertige Waren stellen Fälschungen eine echte Bedrohung einer Marke dar. Darüber hinaus haben ahnungslose Kunden, die am Ende Fälschungen kaufen, ein schlechtes Kundenerlebnis. Die Verwendung von NFC als Anti-Fälschungsmaßnahme hilft, diese Probleme zu mildern. Mit der Produktauthentifizierung können Kunden auf einen Artikel “tappen”, um zu überprüfen, ob das Produkt echt ist.

Die Firma Blue Bite versetzt die Kunden in die Lage, Produkte vor dem Kauf zu authentifizieren, um sicherzustellen, dass das Produkt echt ist. Blue Bite führt dies durch eine webbasierten Authentifizierung durch, die auf allen NFC-fähigen Handys funktioniert. Neben dem NFC-Chip wird noch die mobile App Decode (derzeit für iOS verfügbar) benötigt, die ein noch höheres Maß an Sicherheit gewährleistet.

Der gesamte Prozess verläuft sehr einfach. So verfügt der offizielle Weltmeisterball der WM 2018 von Adidas, der Telestar 18, über einen integrierten NFC-Chip. Der gesamte Prozess dauert nur etwa 10 Sekunden: Alles, was zu tun ist, ist die Decode App herunterladen, sie öffnen und dann auf die Registerkarte “Authenticate” zu klicken. Danach mit dem Handy den Bereich dem Telestar 18, berühren, der durch vier Signalwellen gekennzeichnet ist, auf dem Handy zum Abschnitt “Scan for Authenticity” der App gehen und dann die Nachricht “Authenticated” mit einem Bild des Adidas-Balls erhalten.

Um Fälschungen zu vermeiden, hat auch Victorinox seine hochwertige Gepäckabteilung um ein intelligentes NFC-Label erweitert. Mit diesem Label können Verbraucher und Einzelhändler ihr Handy, um ein Produkt als Original zu identifizieren.

Produktauthentifizierung von Victorinox-Koffern (Foto: GOODSTag)

Auch eine Reihe von weiteren Marken, darunter Pinko, Sneaker Con und Mr. & Mrs Italy verfolgen diese Art der Produktauthentifizierung.

Registrierung des Produktes

Die Produktregistrierung ist äußerst wertvoll, da sie es Marken ermöglicht, leicht Kunden zu gewinnen. Indem der Produktregistrierungsprozess interaktiv gestaltet wird, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Kunden ihre Artikel registrieren, so dass Marken leichter Kunden gewinnen können, unabhängig davon, wo der Artikel gekauft wurde. Im Gegenzug können der Hersteller ihren Kunden wertvolle Inhalte anbieten.

Produkt über NFC registrieren (Foto: Bluebite)

Feedback an Hersteller oder Verkäufer geben

Mit der Produktregistrierung ist auch eine Rückmeldung verbunden. Die Einbindung eines Feedback-Formulars oder einer kurzen Umfrage in eine Produkterfahrung ermöglicht es dem Hersteller, herauszufinden, was ihre Kunden über Produkte denken. Diese Erkenntnisse befähigen Marken, die Produktentwicklung und das Design in Zukunft zu verbessern.

Kundenfeedback an Hersteller oder Händler über NFC geben (Foto: Bluebite)

Abrufen von exklusiven Inhalten

Die Verwendung von NFC zur Einbettung exklusiver Inhalte in Produkte ist eine gute Möglichkeit, Kunden zum Kauf anzuregen. Durch die Erstellung von Inhalten, die nur für Kunden zugänglich sind, die einen Kauf abgeschlossen haben, wird das Produkt wertvoller. Es erhöht die Erfahrung des Besitzes des Artikels, da es eine exklusive Gemeinschaft von treuen Kunden schafft, die besonderen Zugang zu nicht nur den Inhalten erhalten, sondern auch spezielle Inhalte rund um das Produkt, wie Zugang zu Veranstaltungen, Unterhaltungsmedien, Zugang zum exklusiven Vorverkauf von Artikeln in limitierter Auflage, Feedback-Formulare und vieles mehr.

Exklusiven Content über NFC abrufen (Foto: Klaus Knussmann)

Gamification

Mit NFC können Produkte in ein Spiel verwandelt werden, was dem Gegenstand einen zusätzlichen Wert verleiht. Spiele können Gewinne beinhalten, die Preise wie Rabatte, Zugang zu exklusiven Events und mehr freischalten.

Weitere Möglichkeiten

Neben den oben beschriebenen Möglichkeiten haben wir in anderen Beiträgen noch weitere “Use Cases” erläutert:

Vielfältige Möglichkeiten der Produktdifferenzierung

Neben der physischen Identität erhalten Produkte zunehmend auch eine virtuelle, digitale Identität. „Let’s make your product talk“, „talking things“, „now that your products can talk, what will they tell you?“ und ähnliche Aussagen werden plakativ verwendet, um die Digitalisierung der Produkte beschreiben. Produkte, die bisher „dumm“ waren, enthalten nun für den Konsumenten unsichtbare Technologien wie NFC, die eine Verbindung des Produktes mit dem Internet und damit letztlich auch mit dem Kunden erlauben. Produkte werden damit interaktiv, intelligent und „smart“.

Produktdifferenzierung wird möglich durch den Content, der mit Hilfe der digitalen Verbindung eingespielt wird. Die beschriebenen “Use Cases” zeigen die Variabilität auf, die in verschiedenen Situationen – vor Kauf des Produktes, nach Kauf des Produktes, bei der Nutzung des Produktes – eingesetzt werden können. Ein Ansatz der von nutzenbringend von Markenherstellern und auch Händlern eingesetzt werden kann.