Conversational Commerce und Voice Commerce
Im letzten Jahr wurde besonders ein Thema in den Mittelpunkt gestellt, und es bestimmt auch dieses Jahr wieder die Schlagzeilen: Conversational Commerce, Voice Commerce und Voice Communication: Begriffe wie „Alexa“, „Hey Google“ und „Siri“ erlangen einen exklusiven Bekanntheitsgrad. Smarte Lautsprecher, wie der Amazon Echo, der Google Home oder auch der Apple Homepod finden sich heute in vielen Haushalten: in Wohnzimmern, Küchen, Arbeitszimmern, Schlafzimmern. Wird damit Conversational Commerce und Voice Commerce zur nächsten Revolution?
Smarte Lautsprecher sind im Kommen
Über 11 Millionen Deutsche nutzen aktuell einen smarten Lautsprecher oder smart Speaker. In Amerika sind es über dreißig Prozent, die mit Sprachassistenten kommunizieren.
Die Voice-First-Ära begann 2014. Noch vor wenigen Jahren gab es weltweit weniger als 100 Millionen Geräte mit Sprachassistenten. Im Herbst 2018 waren es bereits über eine Milliarde. In Phase eins des Wachstums ging es also um die Einführung der Technologie, um den Aufbau von Reichweite, Zugriff und Akzeptanz.
Die Zahlen deuten auf eine Revolution und nicht auf einen Hype hin.
Ein Blick in die Zukunft
Laut einer Pindrop-Umfrage, die 500 IT- und Wirtschafts-Entscheider in USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien angefragt hatten, rechnen 84 Prozent der Unternehmen damit, Voice Technologien in Zukunft auch in Verbindung mit den Kunden einzusetzen. Heisst das auch, Voice-Technologie erhält Einzug in den Unternehmensalltag und bringt dort auch eine Revolution mit. Ist die Voice-Technologie geeignet, im Marketing den Kunden anzusprechen und mit ihm in einen Dialog zu treten? Wird Voice ist ein neuer Baustein im Marketing?
Für viele Marketingverantwortliche ist es die Vision, direkt in die Haushalte der Kunden zu kommen – nicht nur als Sender wie beim TV, sondern auch als Empfänger. Bei einer TV-Werbung bekommt niemand mit, wenn die Leute schimpfen. Mit einem smarten Lautsprecher ist es möglich, noch mehr auf die Nutzer zu hören. Das ist für viele spannend einzusteigen.
Wandel der Interfaces: Vom Web über Social Media zu Voice
Zunächst einmal entwickelte sich das Internet um die Jahrtausendwende zu einem neuen Marketing-Interface für den Kunden. Markenunternehmen und Händler präsentierten sich zunehmend im Internet und konnten darüber Interessenten, Kunden und Käufer gewinnen. Sichtbarkeit und SEO sind dabei die wichtigsten Aspekte, um mit dem Kunden in Kontakt zu treten. Allerdings gab es keine direkte Möglichkeit, mit den Kunden zu interagieren, schon gar nicht in Echtzeit.
Dies änderte sich mit den sozialen Medien, wie LinkedIn, Instagram, Facebook, Twitter. Hier können Kunden mit den Händlern und Unternehmen direkt kommunizieren und Antworten auf Fragen bekommen. Die sozialen Medien bieten heute als digitales Interface einen einfachen und effizienten Kontakt mit dem Kunden, Kunden geben Feedback und Bewertungen ab oder lösen auch Käufe und Bestellungen aus.
Voice – das neue Interface zum Kunden
Es ist unumstritten, dass Voice ein Interface darstellt, welches den Unternehmen die Chance bietet, auf authentische und menschennahe Art und Weise mit den Kunden zu interagieren. Sprache ist die früheste und wichtigste Art der Kommunikation. Sie ist für uns völlig natürlich. Sprachassistenten sind der erste Anlauf, dies in Technologie zu übersetzen und sich an unsere primäre Kommunikationsmethode anzupassen. Jeder kann mit einem dieser Geräte sprechen und sofort Informationen bekommen. Persönliche, zwischenmenschliche Gespräche sind schon immer der beste Weg, Marken, Unternehmen und Menschen kennenzulernen. Mit Voice können Marken persönliche Kommunikation in einem größeren Umfang als je zuvor für sich nutzen.
Dazu haben wir auch schon in dem Beitrag “Wird Voice das Kundenerlebnis verändern?” berichtet.
Noch verhaltene Nutzung von Conversational Commerce
Das bemerkenswerte Wachstum der sprachgesteuerten Geräte in den vergangenen Jahren hat die Bedeutung von “conversational commerce” oder “voice commerce” für den Handel erweitert. Bleibt es bei den Fragen an Amazon Alexa wie “Alexa, spiel das neue Album von Michael Bublé”, “Alexa, warum hat der Februar nur 28 Tage”, “Alexa, erzähl einen Lehrerwitz”, “Alexa, was steht heute auf dem Terminplan” oder kommt es schon zu Produktkäufen oder Produktbestellungen über Amazon Alexa und Co?
Aktuell überwiegen noch die Barrieren bei der Nutzung von Conversational Commerce: Die Kunden vertrauen den sprachgesteuerten Geräten nicht insbesondere bei der Eingabe von Bezahlinformationen, der Bildschirm zum Ansehen der Produkte fehlt oder Käufer tippen online schneller und bekommen das was sie wollen schneller anstatt lange Sprachdialoge einzugehen. Viele Verbraucher befinden sich noch in der Lernkurve mit den Geräten selbst. Zuerst muss die Interaktion mit Sprachgeräten im Allgemeinen angenehmer werden, dann folgt der Komfort beim Einkaufen.
Einkaufen über Sprachassistenten
Für spezielle Services, wie zum Beispiel Beratung oder auch die Nachbestellung, können sprachgesteuerte Angebote allerdings zu interessanten Alternativen werden. Gerade in diesen Bereichen können sich Händler durchaus mit entsprechenden Angeboten und Leistungen („Skills“ bei Amazon Alexa) positionieren und vom Mitbewerber absetzen.
Einzelhändler, die Waren oder leicht nachfüllbare Artikel verkaufen, haben derzeit mit der Konversationstechnologie die Nase vorn, denn die Käufer können einfach “Alexa, kaufe Batterien” sagen. Wenn es um die Interaktion mit Sprachassistenten über die gesamte Einkaufsreise geht, haben Käufer eine Vielzahl von Aufgaben, die sie sowohl vor als auch nach dem Kauf erledigen und auch über Sprachassistenten erledigen können. Zu den wichtigsten Berührungspunkten der Interaktion gehören:
- das Erstellen einer Einkaufsliste
- die Suche nach Produkten und Dienstleistungen
- die Bereitstellung von Feedback für jedes Produkt oder jede Dienstleistung
- die Überprüfung des Lieferstatus der gekauften Produkte
- der Kundensupport für jedes Produkt/Dienstleistung
Entscheidend ist, dass die Menschen wieder einmal ihr Nutzungsverhalten ändern. Es wird wohl noch etwas dauern, bis wir Lebensmittel und andere Artikel über Amazon Alexa, gerade in Deutschland, bestellen werden. Aber bei der aktuellen Verkaufsentwicklung der Geräte sollte der stationäre Handel hellhörig werden und sich mit Conversational Commerce beschäftigen. Was ist, wenn das Bestellen über Alexa irgendwann doch funktioniert und all diese Geräte ihren Nutzern damit eine direkte Online-Bestellmöglichkeit bieten können?
Siehe dazu auch den Beitrag “Wird Sprache das Interface für den Handel?“.
Massive Fortschritte in der Entwicklung der Sprachtechnologie
Die Sprachtechnologie hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert und weiterentwickelt. Die Erkennungsrate der Wörter liegt mittlerweile in der deutschen als auch in der englischen Sprache bei über 90 Prozent. Dies bedeutet, dass im Grundsatz über 90 Prozent der eingesprochenen Worte erkannt werden. Dies klingt möglicherweise für den ein oder anderen nicht viel, ist jedoch technologisch ein Riesensprung gewesen. Technologie bestimmt hier somit weiterhin den Weg. Je schneller die Technologie der Sprache verbessert, optimiert und angepasst wird an die Menschen, desto schneller können wir auch mit fortgeschritteneren Anwendungen rechnen. Wann hier jedoch mit einer 100 prozentigen Erkennungsrate gerechnet wird, ist noch unklar. Trotzdem sollte sich der Einzelhandel schon heute mit Conversational Commerce beschäftigen.
Die Frage ist nicht, ob er kommt und wann es sich durchsetzen wird, sondern wann.