Seit Anfang 2020 ist die Einzelhandelsbranche in einer Krise. Nicht hervorgerufen durch den wachsenden Online-Einkauf oder die geringere Kundennachfrage, sondern durch die Schließungen während der Corona-Krise. Mittlerweile kommt es in einzelnen Bundesländern und Städten wieder zu Öffnungen im stationären Handel. Die Menschen gehen wieder in die Einkaufzentren, Shoppingmalls oder die Innenstädte zum Einkaufen. Aber was bleibt von der Corona-Krise? Wird alles so sein wie vorher? Nein, sicherlich nicht. Hier sind ein paar Prognosen für das neue Einzelhandelsjahr 2021 und danach – Einzelhandel nach der Pandemie.

Kund*innen fühlen sich in Lebensmittelgeschäften am sichersten

First Insight zeigt in ihrer aktuellen Studie die Stimmung der Kund*innen bezüglich des  Sicherheitsempfindens beim Besuch verschiedener Ladenformate. Bei der Wiedereröffnung von stationären Geschäften fühlen sich die Kund*innen in Einkaufszentren am wenigsten sicher. Laut First Insight fühlt sich die Mehrheit der befragten Kund*innen beim Einkaufen in Lebensmittelgeschäften (54 Prozent) und Drogeriemarktketten (50 Prozent) am sichersten. Fünfundvierzig Prozent fühlen sich gut aufgehoben beim Einkaufen in großen Einzelhandelsketten, und 43 Prozent sagen das Gleiche beim Einkaufen in lokalen kleinen Geschäften. Am schlechtesten schneiden die Einkaufszentren ab (33 Prozent).

Sicherheitsempfinden der Kund*innen

Sicherheitsempfinden der Kund*innen (Quelle: https://www.firstinsight.com, April 24 2020)

Unsicherheit in Umkleidekabinen und beim Kontakt mit Verkäufer*innen

Fünfundsechzig Prozent der Frauen fühlten sich nicht sicher beim Anprobieren von Kleidung in Umkleidekabinen, 78 Prozent fühlten sich unsicher beim Testen von Schönheitsprodukten, und 66 Prozent hatten ähnliche Bedenken bei der Zusammenarbeit mit dem Verkaufspersonal.

Kunden fühlen sich beim Einkaufen grundsätzlich sicherer als Kund*innen

Auch eine interessante Erkenntnis ergibt sich aus der Tatsache, dass sich Männer insgesamt viel sicherer fühlen als Frauen, wenn sie in Geschäften einkaufen gehen. Während sich 58 Prozent der Männer beim Einkaufen in einem Lebensmittelgeschäft sicher fühlen, sind es nur 49 Prozent der Frauen. Auch in anderen Formaten ergibt sich ein ähnlicher Trend.

Sicherheitsempfinden unterschieden nach Geschlecht

Sicherheitsempfinden nach Geschlecht (Quelle: https://www.firstinsight.com, April 24 2020)

Sicherheitsbedenken beim Einkaufen bleiben in den nächsten Jahren

Da sich die Besuche im Einzelhandel über Lebensmittelgeschäfte und Drogerien hinaus ausweiten, müssen andere Einzelhändler und insbesondere Einkaufszentren darüber nachdenken, wie sie den Kund*innen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln können, und das wird über das Angebot von Handschuhen und Masken an der Tür hinausgehen müssen. Es ist auch wahrscheinlich, dass Einzelhändler mehr Männer als Frauen im Laden sehen werden. Daher sollten sie in Betracht ziehen, das Inventar anzupassen, um diese Käufer anzusprechen.

Einzelhandel in der Pandemie – Sicherheit wird zu einem der wichtigsten Kauffaktoren für Kund*innen

Auch eine KPMG-Einzelhandelsstudie vom August erhob die Sicherheit zu einem der Top-3-Kauffaktoren für Verbraucher. Die persönliche Sicherheit wird zu einem neuen Grundbedürfnis neben dem Preis-Leistungs-Verhältnis und der Bequemlichkeit des Einkaufs. Diese drei Grundbedürfnisse müssen erfüllt sein, bevor Kund*innen  Bedürfnisse wie ein tolles Kundenerlebnis oder die Bedürfnisse anderer in Betracht ziehen können. Ganz klar wird, dass das Thema Sicherheit in absehbarer Zeit nicht verschwinden wird.

Bedürfnisse der Kund*innen beim Einkaufen

Bedürfnisse der Kund*innen beim Einkaufen (Quelle: KPMG-Studie Consumers and the new reality, 2020)

Einzelhandel nach der Pandemie – digitale Transformation mit höherer Geschwindigkeit

Eine jüngst erschienene McKinsey-Studie mit dem Fokus Einzelhandel zeigt auf, dass  seit bzw. in der Pandemie erhebliche digitale Veränderungen stattgefunden haben. Auf der einen Seite erfolgte innerhalb von wenigen Monaten eine dramatische Änderung in der digitalen Akzeptanz von Kund*innen und Mitarbeitern in Unternehmen. Die Pandemie hat sich zu einem disruptiven Beschleuniger der digitalen Transformation entwickelt.

Die andere Studie vom MIT hebt die folgenden Technologien hervor, die die Führung übernehmen. Für den Einzelhandel gilt, dass Unternehmen, die in die Schaffung von harmonischen Einkaufskanälen mit digital verbesserten, immersiven Kundenerlebnissen, gepaart mit einem starken Branding, investiert haben, gestärkt aus der aktuellen Gesundheitskrise hervorgehen werden.

Bevorzugte Technologien im Rahmen der digitalen Transformation

Bevorzugte Technologien im Rahmen der digitalen Transformation (Quelle: MIT Technology Review: Succeed in tough times: Make a digital pivot, 2020)

Einzelhandel nach der Pandemie – mehr zeitsparende Dienstleistungen

Trotz der Technologien im Handel ist das Einkaufen im stationären Handel immer noch recht zeitaufwendig: Kund*innen fahren in die Stadt oder zum Einkaufszentrum, suchen einen Parkplatz, wandern zwischen den Regalen umher und suchen Artikel, legen die Artikel in den Einkaufswagen und anschließend auf das Kassenband, um das Geschäft zu verlassen. Die Zeit in der Pandemie hat den Kund*innen aber einige zeitsparende Services beschert. COVID-19 wird den Fokus auf zeitsparende Services verstärken. Wie Analysen aus der gerade beendeten Urlaubssaison bestätigen, sind die Verbraucher sehr zufrieden. Zu nennen sind hier Click&Collect-Services, Online-Bestellungen mit niedrigen Kosten für die Zustellung, Bestellung und Lieferung aus dem stationären Geschäft und viele mehr. Größere zeitsparende Effizienz in der Art und Weise, wie Kund*innen mit stationären Einzelhändlern in Kontakt treten, wird im Jahr 2021 und den folgenden Jahren Teil der neuen Normalität sein.

Über die Entwicklungen und Digitalisierungsideen des stationären Handels während der Coronazeit berichtet der Beitrag “Digitalisierungsideen für die Krise“.

Einkaufen nach der Pandemie

Was hinterlässt die Pandemie im stationären Einzelhandel? Welche Veränderungen haben die Kund*innen auf der einen Seite und der Handel auf der anderen Seite zu erwarten? Drei Punkte sind herauszustellen, die sich als Trend abzeichnen. Die Welt, die COVID-19 hinterlässt, wird anhaltende Bedenken hinsichtlich der Sicherheit beim stationären Einkaufen mit sich bringen. Hinzu kommt ein höheres Maß an digitaler Transformation und digitaler Erwartung durch die Kund*innen. Nicht zuletzt werden sich die Kund*innen weiterhin zeiteinsparende Dienstleistungen nutzen wollen und verstärkt nachfragen.