Die Digitalisierung des Einzelhandels schreitet weiter voran. Insbesondere in China beschäftigen sich immer mehr Händler mit innovativen Technologien, um die Art und Weise des Einkaufens zu verändern. Egal, ob Künstliche Intelligenz, mobiles Bezahlen, Scan&Go, Roboter, Sensorik oder Augmented Reality, sie verändern das Einkaufen. Die Technologien haben Einfluss auf die Effizienz des Einkaufens, erhöhen die Bequemlichkeit und helfen dabei bessere Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Entstanden sind Cafés, die Roboter-Baristas nutzen, um Getränke zu servieren. Oder auch Supermärkte, die rund um die Uhr geöffnet sind. Die Kunden können dort hereinspazieren, ihre Einkäufe mitnehmen und später per App bezahlen. Oder es gibt Sensoren, die das Verbraucherverhalten und die Produktnachfrage analysieren. Viele Händler eröffnen auch Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China. Gerade dort werden diese Art von Geschäften besonders besucht durch Kunden, die zum einen technisch versiert und zum anderen eher Produkte rund um die Uhr einkaufen wollen als einen persönlichen Service suchen.

Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China

Insbesondere in China finden sich sowohl mehre Piloten und mittlerweile auch operative stationäre Verkäufer- und Kassiererlose Geschäfte. Eines der am häufigsten genannten Beispiel ist BingoBox. Mittlerweile betreibt das Technologie-Startup heute etwa 200 eigene Geschäfte in China, einem der wichtigsten Märkte für dieses Format. Und das Unternehmen plant weiter in Südkorea, Hongkong und Malaysia zu expandieren. Aber auch weitere neue Einzelhandelsriesen wie Genki Forest und Shein dringen in die traditionelle Branche des stationären Einzelhandels mit verschiedenen Formaten ein und betreiben ihre Geschäfte mit Technologie voran. Convenience Bee, eine beliebte Convenience-Store-Kette nach dem Vorbild japanischer Marken wie Lawson und FamilyMart, reiht sich in diese Riege ein.

Über Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in anderen Ländern und Kontinenten haben wir bereits in den Beiträgen “Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte – jetzt auch in Deutschland” und “Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte im DACH-Raum und den Niederlanden” berichtet.

Tao Café

Tao Café in China (Quelle: Alizila)

Tao Café – erster Kassenloser Supermarkt in China

Der Name ist Tao Café. So heißt der erste kassenlose Supermarkt des chinesischen Online-Riesen Alibaba. Dieser eröffnete vor einigen Jahren in der ostchinesischen Stadt Hangzhou. Mittlerweile sind die Cafés weitverbreitet. Das 200 Quadratmeter große Ladenlokal bietet Getränke, Fast-Food und Snacks an. Es kann 50 Gäste gleichzeitig fassen. Um hineinzugelangen und etwas zu kaufen, brauchen die Kund*innen nur ein Mobiltelefon und Alibabas Taobao-E-Commerce-App. Alle Artikel im Geschäft sind digitalisiert. Damit ist gewährleistet, dass jeder Artikel, sein Standort im Regal und auch seine Umsätze durch die digitale Erkennung erfasst werden. Kund*innen erwartet eine völlig neue Einkaufserfahrung. Sie scannen alle Artikel, die sie kaufen wollen und bezahlen kassenlos über das elektronische Bezahlkonto auf dem Mobiltelefon. Nach dem Verlassen des Geschäftes erfolgt die Abbuchung vom Kundenkonto und die Benachrichtigung. Die Überwachung des gesamten Einkaufs erfolgt über automatische Sensoren und Gesichtserkennung.

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Convenience Bee – erfolgreiche digitale Convenience Store-Kette

Convenience Bee wurde 2016 gegründet und ist ein in China ansässiger digitaler Innovator der von Japan dominierten Convenience-Store-Branche. Von außen sieht der Supermarkt aus wie ein schickeres 7-Eleven-Geschäft. Aber in Wirklichkeit ist es eher wie Luckin Coffee-Geschäft und versucht, das traditionelle Convenience-Store-Geschäft mit mobilen Zahlungen, Big Data und fortschrittlichen Einzelhandelstechnologien zu revolutionieren. Convenience Bee-Geschäfte werden von sehr wenigen Personen geführt: Kameras und Sensoren erfassen, was die Kunden kaufen; elektronische Preisschilder aktualisieren die Preise auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage in Echtzeit; und jedes Geschäft analysiert und ändert seine Produktauswahl und Preise auf der Grundlage von Marktfaktoren und Nutzerverhalten. Sechzig Prozent der Belegschaft des Unternehmens sind technische Mitarbeiter, die die Daten analysieren.

BingoBox  – Container mit Fenstern für den Einkauf

Im Westen der Großstadt hat ein Betreiber von unbemannten Läden –  das Startup BingoBox – einen Container aufgestellt. Umgeben ist dieser von renovierten Fabrikgebäuden, in denen heute junge, leger gekleidete Chinesen vor dem Laptop sitzen und ihren Geschäften nachgehen. Der Container von BingoBox ist sechs Meter lang, circa 3 Meter breit und drei Meter hoch. Verkäufer*innen oder Personal findet man dort nicht. Die Kund*innen sind beim Einkauf auf sich selbst gestellt. Alles andere regelt die Technik: Der Zugang zum Internet, Zahlen mit dem Smartphone sowie Gesichts- und Produkterkennung sind die zentralen Elemente unbemannter Geschäfte.

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BingoBox – Selbst ist der Kunde

Um Zugang zum Geschäft zu bekommen, müssen Kund*innen im ersten Schritt, den sich an der Tür befindenden QR-Code mit dem Mobiltelefon einscannen. Anschließend sind sie registriert. Und die Tür öffnet sich. Im Geschäft ist die Auswahl an Produkten überschaubar. Denn es gibt hier verschiedene Snacks, Süßigkeiten, gekühlte Getränke und Joghurts sowie Instant-Nudeln und auch einige Artikel des täglichen Bedarfs. An den Decken sind Kameras angebracht, durch die die Räumlichkeit überwacht wird. Die Kund*innen treffen ihre Wahl und scannen anschließend die Artikel mit dem Mobiltelefon oder an einer Selfscanning-Kasse. Auf dem Bildschirm erscheint der Preis, und die Kunden bezahlen mit ihren Mobiltelefonen mit WeChat oder Alipay. Diebstahl haben die Betreiber nicht zu befürchten. Die Tür öffnet sich dank Gesichtserkennung nur, wenn alles bezahlt ist. Wenn alles funktioniert ist das ein problemloser Einkauf bei dem der Kunde zu 100 % auf sich selbst gestellt ist.

Suning Biu – der Weg ins smart retail

Der chinesische Einzelhändler Suning nahm schon vor einigen Jahre fünf unbemannte automatisierte Läden mit der Bezeichnung “Biu” in Betrieb. Er wollte damit seine Präsenz auf dem hart umkämpften chinesischen Markt für intelligenten Einzelhandel zu verstärken. Die Läden sind mit Gesichtserkennungstechnologie, Radiofrequenz-Identifikation (RFID) und Big-Data-Analyse ausgestattet und nutzen die App der Marke. Damit bieten sie den Kund*innen ein Einkaufserlebnis zu bieten, das die Bequemlichkeit des Online-Einkaufs mit der eines physischen Geschäftes verbindet. Die Kund*innen können ihre Bankkarte mit der Suning Finance-App verknüpfen, die ihnen über die Gesichtserkennungstechnologie den Zugang zum Geschäft ermöglicht. Drinnen können sie dann Produkte von elektronischen Geräten über Sportbekleidung und -zubehör bis hin zu Lebensmitteln durchstöbern. In den Geschäften werden Kundenprofile erstellt, um Daten über das Alter, das Geschlecht und die emotionalen Reaktionen auf verschiedene Produkte zu sammeln. Außerdem kommt bei den Geschäften noch AR-Technologie zum Einsatz, um Produkte spannender zu präsentieren und die Raumnutzung zu minimieren.

Suning Store

Suning Store (Quelle: Suning Holdings Group)

MobyMart – mobiles Verkäuferloses Geschäft in China

Die Kassierer- und Verkäuferlosen Geschäfte gibt es aber nicht nur stationär – auch wenn diese zugehörigen Container versetzt werden können. Wheelys, ein schwedisches Startup, in Shanghai MobyMart etabliert, einen Supermarkt, der zu den Kund*innen kommt. Eine App auf Ihrem Handy leitet MobyMart zum Standort der Verbraucher*innen. Also eine Art Uber mit Essen. Die Artikel, die angeboten werden, sind zum sofortigen Verzehr geeignet aber auch Frischeartikel. Auf dem Leuchtschild steht schlicht „24 Hour Store“.

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Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China – liefern Daten

Die Zukunft von unbemannten Geschäften in China ist zwar noch ungewiss. Das zeigt zum einen die zurückhaltend-skeptische Reaktion der Kund*innen. Zum anderen sind die Pläne der Händler solche Geschäfte zu öffnen ins Stocken geraten. Allerdings haben die unbemannten Geschäfte einen unschätzbaren Vorteil. Denn die Kund*innen liefern unbewusst Unmengen von Daten über ihr Konsumverhalten. Im Detail wird ersichtlich, zum Beispiel wann welche Produkte besonders gefragt sind, und welche Artikel überhaupt nicht ankommen. Diese Kenntnis hat wiederum Auswirkungen auf die Lagerhaltung und das Sortiment, das sich den Kundenwünschen anpasst. Zudem können die Händler ihren Kund*innen maßgeschneiderte Werbung per Mobiltelefon zukommen lassen und über Aktionspreise informieren.

Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China – betriebswirtschaftliche Anreize

Aber auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht bieten  unbemannten Geschäfte Anreize für die Betreiber. Die monatlichen Betriebskosten der BingoBox-Container belaufen sich auf 350 Euro. Die Kosten betragen nur einen Bruchteil der Kosten von 24/7-Geschäften, die rund um die Uhr geöffnet sind und bei denen die Händler mindestens drei Personen Gehalt überweisen müssen. Allerdings kommen auch unbemannte Geschäfte nicht ganz ohne Arbeitskräfte aus. Die Regale müssen regelmäßig aufgefüllt und die Räumlichkeiten gesäubert werden. Die Kosten bleiben jedoch im Rahmen. Im Idealfall können vier Mitarbeiter vierzig Container betreiben. Ein weiterer betriebswirtschaftlicher Vorteil ergibt sich aus der Tatsache, dass wenn sich ein Standort als nicht attraktiv erweist, sich die Container innerhalb kürzester Zeit an einen neuen Platz transportiert werden kann.

Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China – Antwort auf demografischen Wandel

Die Zeit spielt jedoch die stationären und mobilen unbemannten Geschäfte. In China werden sie auch als Antwort auf den demografischen Wandel verstanden. Denn zum einen sinkt die Zahl der Erwerbspersonen. Zum anderen steigt die Zahl der Pensionäre in den kommenden Jahren an. Zudem gelten die Arbeitsplätze und Stellen im Einzelhandel wie überall auf der Welt als nicht attraktiv. Unbemannte Geschäfte wie jene von BingoBox können somit auch künftig eine Alternative zum traditionellen stationären Einzelhandel darstellen.

Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte in China – die unbemannte Zukunft?

Trotz des Automatisierungs-Trends wird es immer einen Platz für Menschen im Einzelhandel geben. Denn die Rolle der Technologie besteht nicht darin, die menschliche Interaktion vollständig zu ersetzen, sondern einen fundierteren Austausch zu ermöglichen. Die Automatisierung kann dem Personal die Möglichkeit geben, das zu tun, was die Technologie nicht leisten kann: mit Einfühlungsvermögen die tieferen Bedürfnisse der Kunden zu erkennen, sie mit dem Wissen aus ihrer eigenen Erfahrung zu schulen und sie mit einer persönlichen Note zu überraschen. Darüber hinaus machen Bequemlichkeit und Convenience noch kein einprägsames Shoppingerlebnis. Die ersten Male mag es spannend sein, mit der Einkaufstasche einfach aus dem Geschäft zu gehen. Aber wenn Kunden das Prinzip verstanden haben, scheinen sie sich doch nach mehr Abwechslung zu sehnen. Die Idee der Kassierer. und Verkäuferlosen Geschäfte ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung zum 24/7-Einkaufen. Mit einer besseren menschlichen Interaktion ist sicherlich auch ein tolles, unvergessliches Kundenerlebnis zu gestalten.

Serie – Digitales Einkaufserlebnis in China

In einer Serie von Beiträgen beleuchten wir das Digitale Einkaufserlebnis in China von verschiedenen Seiten. Dabei gilt es aufzuzeigen, wie das digitale Einkaufen und das neue Einkaufserlebnis in China aussieht. Und der Bogen spannt sich über die bekannten Online-Plattformen hin zu Handy-Apps, Social Shopping über soziale Medien, Influencer-Marketing, Livestream E-Commerce und Livestream-Shopping, die kontaktlose Bezahlung im Alltag und spezielles Retailtainment und Online-Shopping-Tage in China. Schließlich wird auch ein Ausblick auf das Einkaufen mit digitalen Sprachassistenten gegeben. Zu guter Letzt runden der Blick auf Kassierer- und Verkäuferlose Geschäfte das digitale Einkaufserlebnis ab.

In diesem Zusammenhang erschienen sind bereits die folgenden Beiträge: