Seit längerer Zeit finden wir verschiedene sprachgesteuerte Geräte auf dem Markt. Sie werden für den Einsatz im privaten Bereich als sogenannte smarte Lautsprecher gekauft. Als Amazon Alexa, Google Assistant, Siri, etc. ziehen sie in die Häuser, Wohnungen oder auch zunehmend ins Büro ein. Dabei erstreckt sich ihre Nutzung auf die Steuerung von intelligenten Haus- und Wohnungsgeräten und das Vorlesen des aktuellen Wetterberichtes, der Fussballergebnisse oder der aktuellen Nachrichten. Aber die Geräte spielen auch Musik ab und haben weitere Fähigkeiten. Zunehmend dienen sie auch als Unterstützung für das Einkaufen. Voice Shopping, Conversational Commerce, sprach-basiertes oder Sprach-assistiertes Einkaufen sind die Bezeichnungen für das Einkaufen mit Hilfe von Sprachassistenten. Sind diese Sprachassistenten die Zukunft der Kundeninteraktion beim Einkaufen und beim Service?
Nutzung des Sprach-assistierten Einkaufens nimmt zu
Die Voice Shopping-Studie 2018 von Voicebot AI ergab vor zwei Jahren, dass die Anzahl der Voice-Käufer 26 Prozent der Besitzer von smarten Lautsprechern beträgt. Sicherlich gibt es noch Unklarheiten über die genaue Anzahl der Kund*innen, die über smarte Lautsprecher einkaufen. Viele Studien haben dazu eine Reihe unterschiedlicher Zahlen genannt, wobei 20 Prozent als akzeptabler Wert sich herauskristallisiert.
Daneben gibt es aber auch Signale, dass dieses Verhalten bzw. die Anzahl der Käufer*innen, die Voice Shopping nutzen, steigen wird. Im Dezember 2018 prognostizierte eMarketer, dass 27 Prozent der Verbraucher 2019 mit smarten Lautsprechern einkaufen werden. Im Juli 2019 hob eMarketer jedoch die Prognose an.
Voice Shopping – breite Aktivität und spezifischer Umsatz
Wenn es um das Sprach-assistierte Einkaufen geht, umfasst der Begriff “Einkaufen” weit mehr als nur den Kauf eines Artikels. Vielmehr wenden sich Kund*innen an ihre Assistenten für vor- und nachgelagerte Tätigkeiten beim Einkaufen: Angefangen von der Produktsuche und Produktrecherche über Preisvergleiche, dem Hinzufügen von Artikeln zum Warenkorb bis hin zur Verfolgung der Lieferung reicht die Breite der Aktivitäten.
Ein Bericht von Adobe Digital Insights bestätigt, dass fast 50 % der Besitzer von smarten Lautsprechern angaben, diese zur Produktsuche zu verwenden, 43 Prozent gaben an, sie für die Erstellung von Einkaufslisten zu verwenden, und 32 Prozent tun dies zum Preisvergleich.
Aktuell besteht die Mehrheit der von den Käufer*innen gekauften Artikel über Sprachassistenten aus digitalen Produkten. Dies sind im wesentlichen Musik, Filme und andere Medien. Hinzu kommen andere Waren, die keine taktile Bewertung erfordern. Unterstrichen wird dieser Trend von Voicebot KI in ihrem Voice Shopping Consumer Adoption Report: Danach werden über 85 Prozent der Sprachkäufe für Artikel von unter 100 Dollar getätigt. Sprache wird zwar für alltägliche Transaktionen verwendet und gilt noch nicht als Kanal für höherpreisige Artikel.
Cap Gemini-Studie zur Nutzung von Sprachassistenten
Eine aktuelle Studie von Cap Gemini bestätigt sowohl die weit verbreitete Akzeptanz von Sprachassistenten durch Kund*innen als auch das Anwachsen dieses Trends. In den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland wurde festgestellt, dass die Akzeptanz von Sprachassistenten bei 55 % der Benutzer liegt, während 40 % innerhalb der letzten 12 Monate erstmals eine Sprachschnittstelle ausprobiert haben. Eine Infografik Infographic_Conversational-Interfaces aus der Studie fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen.
Für viele Menschen wird Sprache zum bevorzugten Medium für eine Vielzahl von Alltagsaufgaben: Fast drei Viertel (74%) der Kund*innen gaben an, dass sie einen Sprachassistenten zur Recherche von Produkten und Dienstleistungen nutzen, 54% zum Kaufen, 53% zur Terminvereinbarung oder Interaktion mit dem Kundenservice und 50% zur Zahlung.
Markenhersteller bereiten sich auf Sprach-Shopping vor
Bei all den Wachstumaussichten von Sprachshopping im Handel bekunden viele Markenhersteller deutlich ihre Absicht, vermehrt in Conversational Commerce zu investieren. In einer Studie unter 400 Entscheidern stellte Adobe fest, dass 91 Prozent bereits erhebliche Investitionen in diesen Kanal tätigen und 94 Prozent planen, ihre Investitionen im kommenden Jahr zu erhöhen.
Zukunft der Kundeninteraktion – Kundenservice über Sprachassistenten
Der erste wichtige Bereich für die Nutzung von Sprachassistenten ist der Kundenservice. Zunehmend betrachten Kund*innen die Sprache als das Medium, um den Kundenservice und Kundensupport in den Unternehmen zu erreichen. Laut Voicebot KI sind bis zu 60 Prozent der Kund*innen daran interessiert sein, Sprach-basierte Geräte zu verwenden, um sich an den Kundendienst zu wenden.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Such nach Produkten und Artikeln. Eine aktuelle Studie von Uberall ergab, dass nur 3,8 Prozent der Unternehmen derzeit korrekte Informationen bei der Sprachsuche anbieten. Der Gewinn und die Aufrechterhaltung der Transparenz über diese Plattformen sind entscheidend, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig mit anderen Produkten zu bleiben.
Zukunft der Kundeninteraktion – Finanzgeschäfte per Sprachbefehl ausführen
Mit Sprachassistenten werden auch Finanzgeschäfte für Bankkund*innen jeden Alters einfacher. Zum Beispiel für Kontoabfragen oder Überweisungen. Wichtig ist dabei die Sicherheit. Neben einer reinen Stimmerkennung wird daher dabei eine zweite Identitätsprüfung durchgeführt. Dies kann über einen klassischen Log-In mit Zugangsdaten oder biometrische Verfahren wie Fingerabdruck oder Gesichtserkennung erfolgen. Die Finanzindustrie bemerkt ein zunehmendes Interesse an der Nutzung von Finanzanwendungen über Sprachassistenten. Sie ist überzeugt, dass sich Sprach-assistierte Finanzgeschäfte in Zukunft durchsetzen werden.
Zukunft der Kundeninteraktion – Sprach-assistiertes Einkaufen in China
Auch wenn der deutsche Handel noch die Machbarkeit und Akzeptanz von sprach-basiertem Einkaufen in Frage stellt, dann sollte er einmal nach China schauen. Beim diesjährigen Singles Day in China wurden an einem Tag, genau am 11.11., über den AliGenie-Sprachassistenten von Alibaba mehr als eine Million Bestellungen an Alibaba getätigt und über AliGenie bezahlt. Eine Million Bestellungen per Sprache. Kommuniziert, bestätigt und bezahlt. Die Sprache ist der einfachste Weg für einen Käufer, Ja zu sagen.
Voice Commerce-Initiative von Alibaba
Neben Amazon ist auch der asiatische Konkurrent Alibaba im Bereich Voice Commerce und Sprachsteuerung tätig. Alibaba gehört zu den größten Internet-E-Commerce-Websites der Welt und eifert Amazon in der Entwicklung und dem Verkauf smarter Lautsprecher nach. Alibabas Antwort auf Amazon Alexa ist Tmall Genie, ein smarter Lautsprecher, der ähnlich aussieht und funktioniert wie der Amazon Echo. Den persönlichen Assistenzdienst nennt Alibaba AliGenie.
Weitere Beiträge zur Zukunft der Kundeninteraktion
In verschiedenen Beiträgen haben wir uns dem Thema Conversational Commerce und Voice Shopping angenommen und die Thematik aus verschiedenen Facetten beleuchtet:
- Voice-Commerce – nächste Revolution oder Evolution?
- Wird Voice das Kundenerlebnis verändern?
- Sprach-Assistenten verändern die Customer Journey
- Wird Sprache das Interface zum Handel?
Zukunft der Kundeninteraktion – Sprach-gestütztes Einkaufen wird zunehmen
Auf dem Weg in Richtung 2025 sollten Markenunternehmen wie auch Händler die Entwicklung des Conversational Commerce und des Sprach-gestützten Einkaufens im Auge behalten. Die Nutzung nimmt kontinuierlich zu. Das Käufer*innen-Verhalten zeigt aber auch, dass es in naher Zukunft kein signifikantes Volumen an Käufen über Sprache geben wird. Dies kann sich jedoch schnell ändern, wenn sich die Vertrautheit mit dem Sprachshopping-Erlebnis entwickelt und die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes abgebaut werden.
Ganz klar ist, das Interaktion über die Sprache eine der einfachsten Kanäle und Medien zur Interaktion mit dem Kunden ist. Über Sprachassistenten können Kund*innen rund um die Uhr, fast von jedem Ort, an dem sie sich befinden, mit dem Händler oder dem Markenunternehmen kommunizieren. Und das ohne Aufwand oder Personalbesetzung beim Händler. Daher wird sich diese Art der beidseitigen Kommunikation mit dem Kunden in naher Zukunft immer mehr durchsetzen. Eine Win-Win-Situation für Handel und Kund*innen.